Digitale Souveränität und Resilienz

December 11, 2020

DigitaleSouveraenitaet_Resilienz

Mit digitaler Souveränität wird die Selbstbestimmtheit beschrieben, wenn es um die Hoheit, den Zugriff, die Verfügbarkeit und die Kontrolle der eigenen Daten im digitalen Raum geht. In Zeiten zunehmender Verflechtung der analogen und der digitalen Welt, ist es daher sinnvoll europäische Lösungen zu fördern, um die Abhängigkeit von US-amerikanischen Anbietern zu reduzieren.

Digitalgipfel – politisches Instrument zur Förderung von Digitalisierung

Von politischer Seite in Deutschland widmet sich seit 2006 der Digitalgipfel des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWI) ganz grundsätzlich dem Thema Digitalisierung. Zentrale Handlungsfelder wurden dafür in 10 thematische Plattformen gefasst und in Fokusgruppen untergliedert. Über das Jahr hinweg bearbeiten Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft Projekte, Veranstaltungen und Initiativen, die die Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft voranbringen sollen. Ergebnisse, Trends, Herausforderungen und Lösungsansätze werden beim jährlichen Digitalgipfel-Kongress vorstellen. Für das Handlungsfeld „Innovative Digitalisierung der Wirtschaft“ (Plattform 2) bildete sich die Fokusgruppe „Digitale Souveränität in einer vernetzten Wirtschaft“, in der OSBA-Vorstand Peter Ganten mitwirkt.

„Die Fokusgruppe 2 widmet sich dem Monitoring der digitalen Wirtschaft, der Analyse der Voraussetzungen für Erhalt und Ausbau der digitalen Souveränität sowie generell dem Erfolg des Digitalstandorts Deutschland. Darüber hinaus berät sie strategische Fragen zum gesamten Gipfel-Prozess und ist „Keimzelle“ übergreifender Papiere dazu.“ (Quelle: https://www.de.digital/)

 

Mit digitaler Souveränität zu mehr Nachhaltigkeit

Der thematische Schwerpunkt des diesjährigen 14. Digital-Gipfel am 30.11./01.12. lautete “Digital nachhaltiger leben“. Die o.g. Fokusgruppe Digitale Souveränität erarbeitete hierzu ein Strategiepapier, das Digitale Souveränität mit Resilienz in Verbindung bringt und als Treiber für mehr Nachhaltigkeit im Sinne der Sustainable Development Goals (SDGs, 17 Ziele) versteht.

Resilienz und Digitale Souveränität?

Auf den ersten Blick mag sich die Verbindung beider Begriffe nicht sofort erschließen, insbesondere wenn man den Begriff Resilienz hauptsächlich auf individueller Ebene und/oder psychologischen Bereich verortet. Doch das Konzept der Resilienz lasst sich den Autoren zufolge gut auf den Bereich Wirtschaft übertragen: „Resilienz beschreibt im ökonomischen Kontext die Widerstands- und Krisenfestigkeit von Ökosystemen.“ Ergänzend (und bestätigend) sei hier anzumerken, dass im Kontext aller Themen, die sich um die „Neue Arbeit, Zukunft der Arbeit“ drehen, ebenfalls der Begriff Resilienz verwendet wird und in den Kontext einer sogenannten „Krisenrobustheit“ gesetzt wird.

In unserem Sinne der digitalen Souveränität bedeutet Resilienz für Unternehmen demnach, dass Technologien und digitale Infrastrukturen sowohl dauerhafte Flexibilität und Entwicklung ermöglichen als auch gleichzeitig Sicherheit und Stabilität gewährleisten sollten. Die Autoren formulieren es als Balance „… aus Anpassungsfähigkeit, Flexibilität, Offenheit, Standfestigkeit und Sicherheit der jeweiligen Technologie oder des jeweiligen Netzwerkes…“.

Die Ergänzung der Resilienz in den Kontext digitale Souveränität bringt indirekt auch die Frage nach der Nachhaltigkeit eines Systems (Unternehmens, Wirtschaft) auf, denn auch Nachhaltigkeit bedeutet dem Ursprung (ökologische Nachhaltigkeit) nach eine Balance: es werden nur so viele Ressourcen verbraucht/entnommen, wie innerhalb eines bestimmten natürlichen Zeitrahmens nachwachsen oder regenerieren kann ohne das System an sich zu schädigen (siehe hier: https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/definitionen_1382.htm).

Wechselwirkungen zwischen Resilienz, Digitaler Souveränität und Nachhaltigkeit

Verbindet man die Konzepte von Resilienz, digitaler Souveränität und Nachhaltigkeit lassen sich laut Strategiepapier auch Wechselwirkungen zwischen den Bereichen erkennen:

  • digitale Souveränität braucht widerstandsfähige/resiliente Infrastrukturen, um wirksam zu werden. Strukturelle Abhängigkeiten fördern die Systemverletzlichkeit und den Mangel an Souveränität und Selbstbestimmtheit.
  • Fehlt die Fähigkeit, digital souverän und unabhängig handeln zu können, ist der Aufbau resilienter Strukturen schwerlich möglich.
  • Da die Nachhaltigkeitsziele der UN auf der Idee von Teilhabe und Kooperation fußen, ist die erfolgreiche Erreichung gefährdet, wenn es grundsätzlich an digitaler Souveränität und Resilienz mangelt.

Handlungsfelder und Maßnahmen

Die Autoren des Strategiepapiers konnten sowohl Indikatoren (Kontextfaktoren) als auch entsprechende konkrete Maßnahmen für die vier Handlungsfelder Wirtschaft, Staat und Politik, Gesellschaft und Wissenschaft erarbeiten. Wir konzentrieren uns an dieser Stelle nur auf den Bereich Wirtschaft, um Ihnen einen kurzen Überblick zu den Handlungsmöglichkeiten zu geben:

  • Bildung: Berücksichtigung der Themen in unternehmensinternen Weiterbildungsangeboten
  • Ressourcenverfügbarkeit/Infrastruktur: Bereitstellung und/oder Wechsel der Infrastruktur (Sensibilisierung für nicht-proprietäre Lösungen, Open Source)
  • Sicherheit: Angebot und Nutzung sicherer Infrastrukturen, Sicherung des Informationsschutzes
  • Gesellschaftliche Akzeptanz: Implementierung der Konzepte von CSR (Corporate Social Responsibility) und CDR (Corporate Digital Responsibility)
  • Wettbewerbsfähigkeit: Nachhaltigkeitsmanagement, langfristige Personalentwicklungsplanung, Wandel der Unternehmenskultur
  • Innovationsfähigkeit: erhöhte Investitionsbereitschaft, Open Innovation
  • Offenheit/Nachvollziehbarkeit: Open Source (nutzerseitig, anbieterseitig)

Groupware für die souveräne Infrastruktur und Sicherheit

Die Bereitstellung von digitaler Infrastruktur ist die Voraussetzung, um überhaupt unternehmerisch tätig werden zu können. Ohne digitale Kommunikation funktioniert nahezu kein Geschäftsprozess mehr. Eine grundlegende Komponente ist hier eine Groupware, d.h. die Kommunikation per E-Mail und die Nutzung von Kalendern. Selbst wenn sich einzelne Teams intern wie extern über die jeweils brandaktuellsten Kollaborationstools organisieren: In der Außenkommunikation mit Kunden, Lieferanten oder Behörden und spätestens für das Empfangen von Benachrichtigungen benötigt man doch wieder eine Firmen-E-Mail.

Unternehmen, die sich bei ihrer Groupware digital souveräner aufstellen möchten, ist es sinnvoll Anbieter zu wählen, die Schnittstellen zu aktuell gängigen proprietären Anwendungen wie z.B. MS Outlook haben. Hier sind Open-Source-Anbieter, die eine RESTApi mit MSGraph-Anbindung anbieten, eine gute Lösung. Da wir im Arbeitsalltag immer mobiler werden, sollte die entsprechende Groupware leistungsfähig und sicher auf verschiedenen Geräten laufen, die sich untereinander synchronisieren (Maschine-Maschine-Kommunikation). Eine Alternative zu Microsofts ActiveSync ist hier z-push, die führende Open Source-Applikation, die Groupware-Daten auf ActiveSync-kompatible Geräte wie zum Beispiel Smartphones oder Tablets bringt. Auch Outlook in den Versionen 2013 oder jünger kann darüber mit E-Mails und Terminen versorgt werden.

Corporate Digital Responsibility (CDR)

Die Corporate Digital Responsibility ist eine Erweiterung des Konzepts Corporate Social Reponsibility (CSR), das die Verantwortung eines Unternehmens für seine Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft beschreibt. CDR erweitert das Konzept um den digitalen Raum. Entgegen der Einordnung der Autoren sehen wir das Konzept CDR explizit auch im Bereich Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen.

Im Kern geht es bei CDR darum, das Vertrauen von Stakeholdern (u.a. Kunden) im Umgang mit Daten und Algorithmen zu stärken und auszubauen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten (Quelle: Praxisleitfaden Corporate Digital Responsibility, Saskia Dörr, 2020). Unternehmen, die im Sinne einer digitalen Verantwortung handeln, sorgen u.a. dafür, dass

  • sie Daten sicher verwalten,
  • illegale (ohne Einverständnis) Verbreitung von Daten ausschließen
  • Daten für gesamtgesellschaftlich relevante Statistiken oder Analysen zur Verfügung stellen

oder

  • Daten, die Ende am einer Wertschöpfung stehen, zur Weiterverarbeitung (z.B. öffentlicher Sektor, Institutionen) anbieten

Alle oben genannten Punkte werden mit Hilfe von Open Source Lösungen erfüllt und fördern demnach auch die digitale Souveränität.

 

Strategiepapier als pdf zum Download: Digitale Souveränität und Resilienz